Amtsgericht Stuttgart B1 Ds 132 Js 5915812000 AK 2716101

Vorsätzliche Körperverletzung und falsche Beschuldigung

Geschäftsnummer: B1 Ds 132 Js 5915812000 AK 2716101

Amtsgericht Stuttgart Bad Cannstatt

Irn Namen des Volkes

Urteil

Strafsache

gegen den am X.X.19XX in XXXXX ( Jugoxxxxx ) geborenen, in XXXX Stuttgart,
Schäferstraße XX, wohnhaften verheirateten Rentner

XXXXX XXXXX

wegen Körperverletzung

Das Amtsgericht Stuttgart Bad Cannstatt hat in der Sitzung vom 24. Januar 2002, an der teilgenommen haben

Richterin am Amtsgericht XXXXX als Strafrichterin
Rechtsreferendar XXXXX als Vertreter der Staatsanwaltschaft
Rechtsanwalt XXXXX als Verteidiger
Justizangestellte XXXXX als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle


1 .) Der Angeklagte wird wegen vorsätzlicher Körperverletzung sowie falscher Verdächtigung zu der Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 45 € zusammen 4500 € verurteilt.

2.) Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen sowie die dem Nebenkläger entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen.

Strafliste: §§ 223, 230, 164, 53 StGB


G r ü n d e



Der XX Jahre alte Angeklagte ist verheiratet. Er hat xxx erwachsene Kinder. Der Angeklagte ist XXXXX und bezieht eine monatliche Rente in Höhe von XXXX €

Er war früher als XXXXXX im Maschinenbaubereich tätig. Seine Ehefrau ist noch berufstätig.

Der Angeklagte ist schuldenfrei. Er wohnt in einem Einfamilienhaus, welches sein Eigentum ist.

Der Angeklagte ist ausweislich des Auszugs aus dem Bundeszentralregister bislang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten.


Zwischen dem Angeklagten und seinem Nachbarn XXXXXXXX bestehen schon seit einigen Jahren nachbarschaftliche Streitigkeiten.

Am 24.7.2000 kam es zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung über die Frage, wo XXXXXXXX seine Mülltonne zur Bereitstellung für die Müllabfuhr hinstellen darf.

Herr XXXXXXXX stellte diese zunächst auf das Grundstück des Angeklagten, wo sie seiner Ansicht nach abgeholt wird. Der Angeklagte stellte sie dann wieder zurück auf das Grundstück des Herrn XXXXXXXX. Diese stellte die Mülltonne wieder zurück. Herr XXXXXXXX versuchte sodann, das die beiden Grundstücke trennende Tor mittels einer Eisenstange zu arretieren, damit der Angeklagte die Tonne nicht wieder zurückstellen kann. Der Angeklagte kam sodann wieder zum Tor, lehnte sich über dieses und zog Herrn XXXXXXXX absichtlich mit voller Kraft an den Haaren und schlug dessen Kopf mehrfach gegen das Gartentor, wodurch dieser Hautrötungen am Kopf und Schmerzen erlitt.

Der Angeklagte zeigte sodann gegen 22.00 Uhr beim Polizeirevier an, dass ihn sein Nachbar Herr XXXXXXXX im Laufe einer körperlichen Auseinandersetzung grundlos und unvermittelt mit einer Eisenstange angegriffen hätte. Er verschwieg hierbei, dass er zuvor Herrn XXXXXXXX tätlich abgegriffen hatte und dieser in Notwehr mit der Eisenstange nach ihm schlug. Der Angeklagte beabsichtigte, dass aufgrund seiner Anzeige ein Ermittlungsverfahren gegen Herrn XXXXXXXX eingeleitet wird, was dann auch geschah.

Die Feststellungen zur Person des Angeklagten beruhen auf dessen Angaben in der Hauptverhandlung und dem verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister.

Die Feststellungen zur Sache beruhen auf den Angaben des Angeklagten, soweit ihnen gefolgt werden konnte sowie den Angaben der vernommenen Zeugen und der in Augenschein genommenen Videoaufnahme.


Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, er habe Herrn XXXXXXXX gegen 18.00 Uhr darauf angesprochen, dass er seine Mülltonne nicht auf sein Grundstück stellen dürfe, woraufhin es zu einem Streitgespräch gekommen sei. Später habe er bemerkt, dass die Tonne wieder auf seinem Hof stehe, er sei dann in Richtung Tor gegangen, es sei recht dunkel gewesen, auf einmal habe Herr XXXXXXXX ihn mit einer Eisenstange angegriffen und mit dieser nach ihm geschlagen, er habe dann nur versucht, seinen Kopf zu retten und habe laut um Hilfe gerufen. Herr XXXXXXXX habe mit der Eisenstange auf ihn gewartet und ca. 20 mal auf ihn eingeschlagen, er sei schwer verletzt worden.

Der Angeklagte führte weiter aus, er habe Herrn XXXXXXXX nicht an den Haaren gezogen auch habe er im Laufe der Auseinandersetzung nie eine Stange oder ähnliches in der Hand gehalten. Die Videoaufnahme sei eine Fälschung.

Der Zeuge XXXXXXXX führte aus, der Mülleimer sei immer wieder hin und hergestellt worden, er habe diesen auf dem Grundstück des Angeklagten abgestellt, da die Müllabfuhr den Eimer nicht von seinem Grundstück holen würde. Er habe dann eine Brechstange genommen, um das Tor von seiner Seite aus zu verriegeln. Während er das gemacht habe, sei plötzlich der Angeklagte aufgetaucht und habe ihn über das Tor hinweg an den Haaren gezogen und seinen Kopf gegen das Tor geschlagen, er habe dann die Eisenstange genommen und ihn auf die Hand geschlagen, damit er aufhört.

Er habe nach dem Vorfall Kopfschmerzen gehabt und das Knie habe ihm wehgetan, er sei jedoch nicht zum Arzt gegangen.

Er habe das ganze aufgezeichnet, die Kamera sei auf einem Blumenkasten im Garten gestanden. Die Aufzeichnung sei erfolgt, weil er einen Beweis für das Hin und Her mit der Mülltonne haben wollte. Er habe auch gleich gegenüber der Polizei gesagt, dass ein Film von dem Vorgang existiere.

Die Zeugin XXXXXXXX (Nachbarin) führte aus, sie sei bereits im Bett gewesen und habe Ferngeschaut , sie hätte dann die Stimmen von Herrn XXXXXXXX und dem Angeklagten gehört und daher aus dem Fenster geschaut. Ihr Mann sei dann nach unten, sie habe zunächst aus einem anderen Fenster geschaut und sei später auch hinuntergegangen.

Auf Vorhalt ihrer Aussage bei der Polizei führte die Zeugin aus, sie könne sich jetzt nicht mehr genau dran erinnern wie es war, sie habe ohnehin ein sehr schlechtes Gedächtnis. Sie sei nach unten, weil sie Angst um ihren Mann gehabt habe. Sie könne sich jetzt nicht mehr erinnern, ob jemand eine Stange in der Hand hatte oder nicht, was damals die Polizei aufgenommen habe, sei richtig, das sei noch die frische Erinnerung gewesen.

Die Zeugin führte weiter aus, mit der Familie XXXXXXXX verbinde sie ein sehr gutes nachbarschaftliches Verhältnis, Herrn XXXXXXXX grüße man eben, wenn man ihn auf der Straße sehe.

Der Zeuge XXXXXXXX (Nachbar) führte aus, er habe gehört, wie der Angeklagte um Hilfe gerufen habe und habe dann aus dem Fenster geschaut. Er habe gesehen, wie der Angeklagte Abwehrbewegungen gemacht hat und dass Herr XXXXXXXX irgendetwas in der Hand hatte. Als er nach unten gekommen sei, seien die beiden schon getrennt gewesen, sie hätten sich noch beschimpft. Frau XXXXXXXX (Frau des Angeklagten) sei erst nach ihm gekommen. Nach Vorführung der Videoaufnahme führte der Zeuge aus, er könne sich an das ganze, so wie aufgezeichnet nicht erinnern. Im Hinblick auf die auf dem Video zu sehende Eisenstange gab er zunächst an, von der Stange wisse er nichts, anschließend gab er an, er könne sich an die Stange nicht mehr erinnern.

Die Zeugin XXXXXXXX (Frau des Angeklagten) gab an, sie sei bereits im Bett gewesen, habe dann ihren Mann schreien hören, sie habe einen Bademantel angezogen und sei nach untern gelaufen, das Ehepaar XXXXXXXX (Nachbarn) sei bereits unten gewesen. Es könne nicht sein, dass ihr Mann angefangen hat, da diese ja viel kleiner als das Tor sei. Er könne also nicht über das Tor greifen. Ihr Mann sei dann verletzt ins Krankenhaus gebracht worden. Es sei auf der Videoaufnahme richtig dargestellt, dass sie den Eimer geworfen habe.

Die Zeugin gab zunächst weiter an, sie habe in der Hand ihres Mannes keine Stange gesehen, auf mehrmaligen Verhalt und Vorspielen der Videoaufnahme führte sie aus, sie könne sich nicht daran erinnern, ob ihr Mann eine Stange in der Hand gehalten habe.

Der Zeuge XXXXXXXX (Polizeibeamter) führte aus, Herr XXXXXXXX habe zwar nach Belehrung von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht, es sei jedoch eine Kamera von ihm angesprochen worden. Vor Ort habe er auf der Hand des Angeklagten eine Schürfwunde gesehen, ein paar Tage später habe er deutliche Verfärbungen an Armen und Kopf gehabt.

Die Einlassung des Angeklagten ist widerlegt durch die Abgaben des Zeugen XXXXXXXX und die in Augenschein genommene Videoaufzeichnung.

Das Gericht hat keinerlei Zweifel an der Echtheit der Videoaufnahme. Dass das Band nicht sofort, sondern erst nach geraumer Zeit den Ermittlungsbehörden vorgelegt wurde, erklärt sich daraus, dass wie vom Zeugen ausgeführt, man erst mal habe abwarten wollen, wie weit der Angeklagte geht. Man habe dann zunächst vorgehabt, das Video in der Hauptverhandlung gegen Herrn XXXXXXXX vorzulegen, habe sich dann aber entschlossen , dies doch bereits in einem früheren Stadium zu tun.

Dass bereits beim Eintreffen der Polizei am Tattag von einer Aufzeichnung durch eine Kamera die Rede war, wurde durch den Zeugen XXXXXXXX (Polizeibeamter) bestätigt.

Soweit der Angeklagte vorgetragen hat, das Band sei gefälscht, es sei insbesondere nicht richtig, dass er nach dem Vorfall mit einer Stange in der Hand zurückgekommen sei, dies könnten auch die Zeugen beweisen, ist darauf zu verweisen, dass die Zeugen XXXXXXXX und XXXXXXXX zwar zunächst geäußert hatten, der Angeklagte habe keine Stange in der Hand gehabt, nach Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnung waren sich die Zeugen plötzlich nicht mehr sicher, ob er eine Stange in der Hand hatte, letztendlich gaben sie an, sie könnten sich daran nicht mehr erinnern. Auffällig war auch, dass beim jeweiligen Vorspielen der Videoaufzeichnung von den Zeugen an der maßgeblichen Stelle keinerlei spontane Reaktion derart kam, dass eine solche Stange nicht im Spiel gewesen sei, wie dies zum Beispiel beim Zeugen XXXXXXXX erfolgte, der spontan äußerte, als ein Hund auf der Aufnahme war, ob der denn auch da gewesen sei.

Dass die Zeugen sich im Hinblick auf diese Frage nicht erinnern können, wird insbesondere im Hinblick auf die Zeugin XXXXXXXX und den Zeugen XXXXXXXX XXXXXXXX für ausgeschlossen gehalten, da sich diese in unmittelbarer Nähe des Angeklagten befanden und diese Stange auf jeden Fall sehen mussten.

Auch ansonsten waren keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Aufnahme manipuliert sein könnte.

Man sieht auf dieser deutlich, dass der Angeklagte, wie auch vom Zeugen XXXXXXXX glaubhaft vorgetragen, den Zeugen XXXXXXXX zunächst angegriffen hat, als diese hinter dem Tor kniete, indem er ihn an den Haaren zog und seinen Kopf mehrfach gegen das Tor stieß. Erst dann hat der Zeuge XXXXXXXX versucht, sich mittels der Eisenstange gegen den Angriff des Angeklagten zur Wehr zu setzen.

Die Zeugin XXXXXXXX hat vom eigentlichen Vorfall nichts mitbekommen. Der Zeuge XXXXXXXX führte aus, er habe vom Fenster aus gesehen, dass der Angeklagte mit den Armen Abwehrbewegungen gemacht habe. Bei den Zeugen XXXXXXXX ist aufgrund der zeitlichen Abfolge nicht ersichtlich, wieweit der Vorfall bereits fortgeschritten war, als diese aus dem Fenster schauten, auch ist nicht klar, inwieweit diese den Angriff des Angeklagten aus ihrer Sicht hätten sehen müssen.


Der Angeklagte hat sich daher wegen vorsätzlicher Körper?Verletzung sowie wegen falscher Verdächtigung strafbar gemacht.

Im Hinblick auf die vorsätzliche Körperverletzung ist eine Notwehrsituation des Angeklagten nicht gegeben.


Bei der Strafzumessung war strafmildernd zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bislang keine Voreintragungen hat. Es war auch zugunsten des Angeklagten zu sehen, dass bereits seit mehreren Jahren nachbarschaftliche Streitigkeiten bestehen und dass er sich durch das Verhalten des Zeugen XXXXXXXX ( Hin? und Herstellen der Mülltonne zumindest provoziert gefühlt hat.

Strafschärfend war zu berücksichtigen, dass sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung äußerst uneinsichtig gezeigt hat und man seine Abneigung gegen den Zeugen XXXXXXXX deutlich spüren konnte.

Nach Abwägung dieser Gesichtspunkte erschien für die Tat Ziffer 1 eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen tat und schuldangemessen, wobei hier auch die Verletzungen des Zeugen XXXXXXXX berücksichtigt wurden.

Bei der Tat Ziffer 2 war weiter strafschärfend zu bewerten, dass der Angeklagte hier durch seine Anzeige bei der Polizei gezielt vorhatte, den Zeugen XXXXXXXX in Misskredit zu bringen, was ihm zunächst auch gelang, da sich der Zeuge XXXXXXXX einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sah.

Eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen ist insoweit tat und schuldangemessen.

Nach nochmaliger Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte erschien eine Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen tat und schuldangemessen.

Die Höhe eines Tagessatzes wurde entsprechend den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten auf 45 € festgesetzt.

Vi.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 465, 472 StPO.


Das Urteil ist rechtskräftig

Amtsgericht Stuttgart B1 Ds 132 Js 5915812000 AK 2716101

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