Straßenreinigungsgebühren VWG Gelsenkirchen 13 K 54/07

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Straßenreinigungsgebühren VWG Gelsenkirchen 13 K 54/07

Beitrag von Klaus » 24.10.2008, 10:19

Normen: KAG NRW § 6, StrG NRW § 3, GG Art. 3 Abs. 1
Leitsätze:

Das für die Ermittlung der Frontmeterlänge gewählte Projektionsverfahren in Form eines fiktiven Frontmetermaßstabes ist mit Art. 3 GG vereinbar. Eine satzungsrechtliche Sonderregelung für Grundstücke an Wendehammern ist nicht zwingend erforderlich.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:
1

Der Kläger wendet sich gegen die erstmalige Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren für das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück L. 12 (Gemarkung X. , Flur , Flurstück ). Das Grundstück ist über eine im Eigentum der Mutter des Klägers stehende Zuwegung, die Teil des vorgelagerten Grundstücks L. 14 (Flurstück ) ist, mit dem die Straße L. abschließenden Wendehammer verbunden. Diese Zuwegung ist zugunsten des Klägers mit einem grundbuchlich eingetragenen Wegerecht belastet.
2

Mit der Durchführung der städtischen Reinigung hat die Stadt E. für ihr Stadtgebiet ab 1992 durch einen Straßenreinigungsvertrag die Entsorgung E. GmbH (EDG) beauftragt. Für ihre Leistungen erhält die EDG von der Stadt im Voraus kalkulierte feste Entgelte, die nach den Bestimmungen des öffentlichen Preisrechts kalkuliert worden sind. Im Rahmen der Vorbereitungen für die für das Veranlagungsjahr 2006 zu erlassende Straßenreinigungsgebührensatzung hatte die Verwaltung mit der Drucksache Nr. 03782-05 vom 4. November 2005 u.a. dem Rat der Stadt dargelegt, dass mit Beginn des Jahres 2006 vorgesehen sei, die bisher auf Anlieger übertragene Straßenreinigungspflicht wieder in die städtische Reinigung zu übernehmen. Die dieser Verwaltungsvorlage beigefügte Gebührenbedarfsberechnung gehe davon aus, dass alle Straßen innerhalb geschlossener Ortschaften ab Januar 2006 durch die EDG stadtseitig gereinigt und die Straßenreinigungsgebührensätze wegen der größeren Basis sich um rund 6,16 % verringern würden.
3

Entsprechend dieser Verwaltungsvorlage beschloss der Rat der Stadt E. in seiner Sitzung am 15. Dezember 2005 die Satzung über die Straßenreinigung und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren in der Stadt E. (Straßenreinigungs- und Gebührensatzung - GS -), deren Bekanntmachung der Oberbürgermeister der Stadt E. am 19. Dezember 2005 anordnete. Gemäß § 13 GS ist diese am 1. Januar 2006 in Kraft getreten. In dem eine Anlage zu dieser Straßenreinigungssatzung bildenden Straßenverzeichnis ist die im Stadtbezirk C. gelegene Straße L. wie folgt aufgeführt: Verkehrsbedeutung A (= Anliegerstraße), Anzahl der Reinigungen: 1 (= 1 x wöchentlich), Winterdienststufe: 3 (= sonstige Straße), Reinigung durch die Stadt.
4

Mit Grundsteuer- und Gebührenbescheid vom 23. Januar 2006 zog der Beklagte den Kläger u.a. zu Straßenreinigungsgebühren auf der Grundlage von 40 m Frontlänge in Höhe von 212,80 EUR heran. Der Gebührensatz betrug 5,32 EUR je Meter Grundstücksseite für die einmalige wöchentliche Reinigung der Straße L. .
5

Mit Schreiben vom 25. Januar 2006 erhob der Kläger gegen die Festsetzung der Straßenreinigungsgebühren Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, dass sein Grundstück nur über eine 2,5 m breite Einfahrt verfüge und die Veranlagung mit einer Frontlänge von 40 m angesichts der gesamten Länge der Straße L. von ca. 80 m nur auf einem Irrtum beruhen könne.
6

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2006 - als Einschreiben zur Post gegeben am 8. Dezember 2006 - wies der Beklagte diesen Widerspruch mit folgender Begründung zurück.
7

Die Erschließung des Grundstücks des Kläger erfolge über das Grundstück L. 14 und sei durch ein im Grundbuch eingetragenes Wegerecht gesichert. Nach § 6 Abs. 5 GS seien bei Grundstücken, die nicht an eine Erschließungsstraße angrenzten und keine ihr zugewandte Grundstücksseite hätten, die Frontlängen der Grundstücksseite zu Grunde zu legen, die parallel oder in einem Winkel von weniger als 45° zur gedachten Verlängerung der Erschließungsstraße verlaufe. Der dieser Bestimmung zu Grunde liegende Frontmetermaßstab sei in der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) anerkannt worden. Nur so würden diese Grundstücke in der gleichen Weise wie solche zu Straßenreinigungsgebühren veranlagt, bei denen eine Grundstücksseite mit der gesamten Länge an die Straße angrenze.
8

Der Kläger hat am 5. Januar 2007 Klage erhoben.
9

Er wendet sich weiterhin gegen die der Festsetzung der Straßenreinigungsgebühren zu Grunde gelegten Veranlagungsmeter und führt zur Begründung insbesondere aus:
10

Die Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren nach dem Frontmetermaßstab werde nicht grundsätzlich beanstandet. Er rüge allerdings den sachlich nicht zu rechtfertigenden willkürlichen Maßstab des Beklagten. Obwohl er als sog. Hinterlieger einen geringeren Vorteil von der Reinigung der Straße L. habe als etwa die Eigentümer der unmittelbar an die Straße angrenzenden Kopf-Grundstücke mit den Hausnummern 16, 18, 20 und 22 (Flurstücke , , und ) würden jene Grundstückseigentümer nur mit der unmittelbar an die öffentliche Fläche angrenzenden Grundstücksseite und somit nur mit einem Bruchteil des von ihm geforderten Gebührenbetrages herangezogen. Ein willkürlicher Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) sei auch darin zu sehen, dass der Beklagte die Flurstücke (Hausnummer 24) und (Hausnummer 14) nur mit wenigen Metern (2,50 m) veranlage und nicht mit der gesamten Längsseite, obwohl die fiktive Verlängerung der Straße dazu führen würde, dass die Längsseite länger wäre als der Kopfteil. Wenn die Frontlinie der Straße entsprechend der Veranlagungspraxis wie bei den Grundstücken L. 18, 20 und 22 verschoben werde, ergäbe sich für sein Grundstück lediglich eine Frontlänge von ca. 10 m. Die Willkürlichkeit der Gebührensatzung werde auch durch die im Verlaufe dieses Verfahrens erfolgte geänderte Veranlagung des Grundstücks seiner Mutter, L. 14, mit nunmehr 45 m anstatt 2,50 m belegt, obwohl dieses Grundstück direkt an die Straße L. angrenze. Die Rechtsprechung zur Ermittlung der maßgeblichen Frontlängen der nicht an die gereinigte Straße angrenzenden Grundstücke vermöge nicht zu überzeugen.
11

Der Kläger beantragt,
12

den Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2006 hinsichtlich der Straßenreinigungsgebühren und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 5. Dezember 2006 aufzuheben.
13

Der Beklagte beantragt,
14

die Klage abzuweisen.
15

Zur Begründung trägt er insbesondere vor:
16

Die vom Kläger beanstandete Veranlagung gemäß § 6 Abs. 7 GS entspreche dem System des Frontmetermaßstabes, wie dies von der Rechtsprechung gefordert werde. Es treffe zwar zu, dass für den Frontmetermaßstab typisch sei, dass je nach (zufälliger) Lage eines Grundstücks extreme Unterschiede hinsichtlich der Veranlagung verschiedener Grundstücke entstehen könnten. Dies sei jedoch nicht als willkürlich zu betrachten, sondern werde von der gefestigten Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt von Lagegunst und -ungunst hingenommen. Sowohl nach dem Schrifttum wie auch nach der Rechtsprechung seien diese „Unvollkommenheit" des Frontmetermaßstabes wie auch die durch die Lage eines Grundstücks bedingten „Ungerechtigkeiten" im Interesse einer möglichst praktikablen Gebührenerhebung hinzunehmen. Eine reine Breitseitenlage des Grundstücks stelle auch keinen Grund für einen Billigkeitserlass dar. Da erstmals mit den Jahresbescheiden für das Jahr 2006 rund 20.000 Grundstückseigentümer zusätzlich zu Straßenreinigungsgebühren herangezogen worden seien, seien teilweise fehlerhafte Veranlagungen nicht zu vermeiden gewesen. Diese seien - z.B. auch bei Grundstücksnachbarn des Klägers - nach Überprüfung korrigiert worden.
17

Durch Beschluss vom 24. September 2007 ist das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 - 3) des Beklagten Bezug genommen.
19

Entscheidungsgründe:
20

Die als Anfechtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Klage ist unbegründet. Der Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 23. Januar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit er zu Straßenreinigungsgebühren für die Reinigung der Straße L. herangezogen worden ist.
21

Rechtsgrundlage für die strittige Gebührenerhebung ist § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Reinigung öffentlicher Straßen (StrRG NRW) i. V. m. den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen (KAG NRW) und die am 23. Dezember 2005 öffentlich bekannt gemachte Straßenreinigungs- und Gebührensatzung vom 19. Dezember 2005.
22

Diese bestimmt in § 6 Abs. 1 bis 10 im Einzelnen und in Übereinstimmung mit § 3 Abs. 1 StrRG NRW, dass Straßenreinigungsgebühren nach der Frontlänge entlang der Straße erhoben werden, durch die das Grundstück erschlossen ist bzw. - bei Hinterliegern - nach den der öffentlichen Straße zugewandten Grundstücksseiten. Die der Veranlagung zugrunde liegenden Satzungsregelungen sind - auch soweit sie von dem Kläger beanstandet werden - wirksam.
23

Dass das Grundstück des Klägers mittels des ihm eingeräumten Wegerechts über die (unselbständige) private Zuwegung auf dem Grundstück seiner Mutter i.S.v. § 1 Abs. 2 und 6 GS durch die Straße L. erschlossen ist, steht außer Frage und wird von ihm auch nicht in Zweifel gezogen.
24

Gebührenmaßstab sind nach § 6 Abs. 1 GS die Länge der zu berücksichtigenden Grundstücksseiten, die Straßenart und die Zahl der wöchentlichen Reinigungen. Bei Hinterliegern werden die Grundstücksseiten berücksichtigt, die den zu reinigenden öffentlichen Straßen zugewandt sind. Als der Straße zugewandt gelten Grundstücksseiten, wenn sie parallel oder in einem Winkel von weniger als 45 Grad zur Straße verlaufen (§ 6 Abs. 3 GS). Danach sind bei einem Grundstück nicht nur die Abschnitte der Grundstücksbegrenzungslinie zu berücksichtigen, die unmittelbar an die gereinigte Straße angrenzen, sondern auch solche (weiteren) Abschnitte, die zwar nicht unmittelbar angrenzen, aufgrund des Verlaufs der Straße ihr aber in dem vorgenannten Sinne ebenfalls zugewandt sind. Um eine solche teilweise zugewandte Seite handelt es sich vorliegend bei der der streitgegenständlichen Gebührenerhebung zugrunde liegenden, nahezu parallel zur Straße L. verlaufenden Grundstücksseite und dem weiteren Abschnitt der Grundstücksbegrenzungslinie des Grundstücks des Klägers, der zunächst auch fast parallel und in dem anschließenden rückwärtigen Grundstücksteil in einem Winkel von weniger als 45 Grad zur gedachten Verlängerung i. S. v. § 6 Abs. 7 GS zur gereinigten Straße verläuft.
25

Der satzungsgemäß angewendete sog. Frontmetermaßstab einschließlich des Projektionsverfahrens zur Ermittlung fiktiver Frontmeter ist nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ein zulässiger, insbesondere das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzender grundstücksbezogener Wahrscheinlichkeitsmaßstab im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW, der mit einer bestimmten Kehrstrecke in der Örtlichkeit nichts zu tun hat, sondern allein zur Berechnung der Maßstabseinheiten dient, durch die die ansetzbaren Gesamtkosten der städtischen Straßenreinigung geteilt werden.
26

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2002 - 9 B 16/02 -, in: NVwZ - RR 2002, S. 599 f..
27

Die unterschiedslose Berücksichtigung von Anliegergrundstücken und (Teil-) Hinterliegergrundstücken, die keinen oder einen nur teilweisen gemeinsamen Grenzverlauf mit der Straße haben, trägt der Erwägung Rechnung, dass die Eigentümer von erschlossenen (Teil-) Hinterliegergrundstücken von der Straßenreinigung keine geringeren Vorteile haben als die Eigentümer von erschlossenen Grundstücken, die unmittelbar an die gereinigte Straße grenzen.
28

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 7. Januar 1982 - 2 A 1778/81 -, Kommunale Steuer-Zeitschrift (KStZ) 1982, S. 169 f. und vom 15. Dezember 1995 - 9 A 3499/95 -, Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZfK) 1996, S. 181.
29

Diese Satzungsregelung steht in Übereinstimmung mit der ständigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung. Da die Bemessung der Straßenreinigungsgebühr nach einer bestimmten, dem Straßenverlauf folgenden Grundstückslänge den jeweiligen Reinigungsvorteil für das von der Straße erschlossene Grundstück ausschließlich unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten erfasst, besteht bei der genaueren Ausgestaltung des Frontmetermaßstabes ein weites Ermessen des Satzungsgebers für ergänzende bzw. modifizierende Satzungsregelungen, in Sonderheit für Maßstabsregelungen, durch die ganz oder teilweise im Hinterland der Straße gelegene Grundstücke in vergleichbarer Weise wie die an die Straße angrenzenden Grundstücke erfasst werden sollen.
30

OVG NRW, Urteil vom 31. August 1989 -9 A 469/87 -, in: GHH 1991, 17, 18 f.; vgl. auch Stemshorn, in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2007, § 6 Rdnr. 481, Schmidt, Die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren in NRW, in: Städte- und Gemeinderat 1992, S. 293, 301.
31

Für die Gebührenbemessung kann der Satzungsgeber auf die Länge nur einer der Straße zugewandten (bzw. angrenzenden) Seite des zu veranlagenden Grundstücks abstellen. Er kann aber auch - weil gleichermaßen vorteilsgerecht - die Summe aller der Straße zugewandten Grundstücksseiten zur Bemessungsgrundlage machen.
32

Vgl. Stemshorn, in: Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnr. 481.
33

Grundsätzliche Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit der Modifizierung des Frontmetermaßstabes in § 6 GS hat weder die Kammer in ihrem (den Beteiligten bekannten) Urteil vom 20. Februar 2007 - 13 K 3389/06 - noch das OVG NRW in dem den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das vorerwähnte Urteil ablehnenden Beschluss vom 16. Oktober 2007 - 9 K 1065/07 - erhoben.
34

Auch die vorliegend zur Beurteilung stehende Festlegung des Gebührenmaßstabes durch den Ortsgesetzgeber der Stadt E. in § 6 Abs. 7 GS wahrt die dem Satzungsgeber gesetzten Grenzen bei der Ausgestaltung des Frontmetermaßstabes. Diese Satzungsbestimmung lautet:
35

„Bei Grundstücken, die nicht an eine Erschließungsanlage angrenzen und nur mit einem Teil einer Grundstücksseite der Straße zugewandt sind, wird zusätzlich zu diesem Teil der Grundstücksseite der weitere Teil dieser Grundstücksseite berücksichtigt, der parallel bzw. in einem Winkel von weniger als 45 Grad zur gedachten Verlängerung der Erschließungsstraße verläuft."
36

Von dem Geltungsbereich dieser Vorschrift wird das klägerische Grundstück erfasst. Es grenzt nämlich nicht an die Straße L. an und ist nur mit einer Teillänge von etwa 2,50 m an der süd-westlichen Grundstücksgrenze der Straße zugewandt. Deshalb findet vorliegend § 6 Abs. 5 GS keine Anwendung. Aufgrund der für diese Fallkonstellation normierten Modifizierung des Frontmetermaßstabes ist zusätzlich zu diesem (zugewandten) Teil der (südlichen) Grundstücksseite der weitere Teil dieser Seite zu berücksichtigen, der zunächst in einer Länge von rund 29 m parallel, d.h. in gleichem Abstand ohne gemeinsamen Schnittpunkt nebeneinander verlaufend, und sodann in Richtung Nord-Osten in einem Winkel von ca. 25 Grad - mithin weniger als 45 Grad - über 8,50 m zur gedachten Verlängerung der Straße L. verläuft.
37

Soweit die Satzung keine Sonderregelung für Grundstücke an Wendehämmern enthält, vermag dies rechtliche Bedenken gegen deren Gültigkeit nicht zu begründen. Modifikationen des Frontmetermaßstabes für Grundstücke an Wendehämmern mögen zwar sinnvoll erscheinen
38

so: Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis (Rechtsgrundlagen - Organisation - Aufgaben), 5. Auflage 2006, S. 488,
39

und sind grundsätzlich mit dem System des Frontmetermaßstabes vereinbar
40

Schmidt, a.a.O., S. 302,
41

um bei der Gebührenerhebung zu möglichst „gerechten" Ergebnissen und einer möglichst gleichmäßigen Belastung aller Gebührenpflichtigen zu kommen.
42

Stemshorn, a.a.O., Rdnr. 479 m.w.N.
43

Eine derartige Sonderregelung kann durch den Satzungsgeber getroffen werden,
44

Stemshorn, a.a.O., Rdnr. 479,
45

sie ist jedoch nicht zwingend erforderlich.
46

Hat der Ortsgesetzgeber - wie hier in Anlehnung an § 6 Abs. 1 Satz 3 der früheren Muster-Satzung des Innenministeriums NRW und des Städte- und Gemeindebundes NRW - eine Ersatzmaßstabsregelung für die Bestimmung der Seitenlängen in Bezug auf das zum Wenden von Kraftfahrzeugen ausgebaute Ende einer Straße nicht getroffen, so begegnet eine nicht nur für diese Fallgruppe bestimmte modifizierende Regelung über die Berücksichtigung einer Grundstücksseite in Bezug auf die in gerader Linie gedachte Verlängerung der gereinigten Straße, wie sie § 6 Abs. 7 GS darstellt, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
47

Vgl. hierzu auch: VG Aachen, Urteil vom 2. April 2004 - 7 K 2515/00 -
48

Denn diese Sonderregelung ist aus vergleichbaren Gründen wie bei Grundstücken an Wendehämmern gerechtfertigt. Durch diese Vorschrift soll vermieden werden, dass nicht an die Straße angrenzende und nur eine teilweise zugewandte Seite aufweisende Grundstücke im Vergleich zu sonstigen Grundstücken trotz deutlich längerer Seitenlängen bei einer Veranlagung ausschließlich nach dieser Teillänge in nur verhältnismäßig geringerem Unfang mit Gebühren belastet würden.
49

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Mai 1989 - 9 A 255/87 - zu einer Wendehammerregelung.
50

Da die Inanspruchnahme der gebührenrechnenden Einrichtung Straßenreinigung ohnehin nicht exakt bemessen werden kann und deswegen den Gemeinden grundsätzlich ein weiter Spielraum bei der Wahl des Maßstabes eingeräumt wird, ist die in § 6 Abs. 7 GS vorgesehene Veranlagung einer Grundstücksseite, die einer fiktiv verlängerten Straße i.S.v. § 6 Abs. 3 Satz 1 und 2 GS zugewandt ist, grundsätzlich zulässig.
51

Vgl. Stemshorn, a.a.O., Rdnr. 479; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Juli 2004 - 16 L 1236/04 -.
52

Die Anwendung dieser Vorschrift führt nicht zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip, weil die Straßenreinigungsgebühren nicht für die Reinigung des vor dem jeweiligen Grundstück gelegenen Straßenteils, sondern für die Reinigung der erschließenden Straße insgesamt erhoben werden.
53

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Oktober 2004 - 9 B 1640/04 -, durch den die Beschwerde gegen den vorerwähnten Beschluss des VG Düsseldorf vom 16. Juli 2006 zurückgewiesen worden ist.
54

Das für die Ermittlung der Frontmeterlänge vorliegend gewählte Projektionsverfahren in Form eines fiktiven Frontmetermaßstabes ist mit Art. 3 GG vereinbar, auch wenn für gleich große Grundstücke eine unterschiedlich hohe Straßenreinigungsgebühr allein wegen der jeweiligen Lage zur Straße anfällt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem in der mündlichen Verhandlung erörterten Beschluss vom 15. März 2002 - BVerwG 9 B 16.02 -, a.a.O. u.a. zu den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der Anwendung des Frontmetermaßstabes ausgeführt:
55

„Die Leistungsfähigkeit des Frontmetermaßstabs stößt dementsprechend an seine Grenzen, wenn bei der Gebührenbemessung sog. Hinterliegergrundstücke zu berücksichtigen sind. Dabei kann es sich um Fälle handeln, in denen die reale Straßenfrontlänge der Grundstücke nur aus einer Zuwegung besteht (Vollhinterlieger), oder aber um sonstige Fälle einer Grundstücksgeometrie, die dazu führt, dass die reale Straßenfrontlänge kein optimales Bemessungskriterium für die Straßenreinigungsgebühr abgibt (Teilhinterlieger). In diesen Fällen ist die Zulässigkeit fiktiver Frontmetermaßstäbe anerkannt, die darauf abzielen, bei der Gebührenbemessung eine ungefähre Vergleichbarkeit der Hinterliegergrundstücke mit den Vorderliegergrundstücken herzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 1981 - BVerwG 8 B 10.81 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 42; Beschluss vom 8. Dezember 1986 - BVerwG 8 B 74.86 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 60). Hierzu zählt auch das vorliegend gewählte Projektionsverfahren. Dieses weist zweifellos den - von den Klägern hervorgehobenen - Nachteil auf, dass für gleich große Grundstücke eine unterschiedlich hohe Straßenreinigungsgebühr allein deswegen anfällt, weil die Grundstücksgrenzen in unterschiedlichen Winkeln auf die Straßenmittelachse treffen. Entgegen der Auffassung der Kläger liegt darin aber kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Denn der kommunale Satzungsgeber konnte diese Ungleichbehandlung in Kauf nehmen, um mit dem Projektionsverfahren das Problem der Hinterliegergrundstücke einer praktikablen Lösung zuzuführen. Das Prinzip der Abgabengerechtigkeit darf nicht dahin gehend überspannt werden, dass bei Beträgen, die sich im Bagatellbereich bewegen, dem Gericht die Befugnis zufällt, seine etwa abweichenden Vorstellungen von einer vernünftigen und gerechten Lösung an die Stelle der vom kommunalen gewählten Lösung zu setzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2000 - BVerwG 11 CN 1.00 - Buchholz 401.63 Kur- und Fremdenverkehrsabgabe Nr. 8 m.w.N.)."
56

Aus denselben Erwägungen verhalten sich auch die bei der Anwendung des § 6 Abs. 7 GS auftretenden Nachteile und Probleme, die der Kläger für willkürlich und deshalb nicht mehr mit Art. 3 GG vereinbar hält, innerhalb der Anforderungen, die der Gleichheitssatz an die Auswahl des Gebührenmaßstabes stellt und begründen keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Systemgerechtigkeit des Frontmetermaßstabes. Diese zählen zu den nicht zu berücksichtigenden, im Interesse einer möglichst praktikablen Gebührenerhebung aber hinzunehmenden lagebedingten „Ungerechtigkeiten" und sind Ausdruck der - auch durch das Gericht nicht verkannten - Unvollkommenheit dieses Maßstabes, dessen Ausgestaltung sich allerdings noch in dem Bereich bewegt, in dem das Maß der Inanspruchnahme bzw. des vermittelten Reinigungsvorteils (noch) sachgerecht erfasst wird.
57

Vgl. Schmidt, a.a.O., S. 301 m. N. aus der Rechtsprechung des OVG NRW.
58

Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung besteht zwischen einem Hinterliegergrundstück und einem Anliegergrundstück kein wesentlicher Unterschied der Inanspruchnahme der diese Grundstücke erschließenden Straße, der hinsichtlich der Hinterliegerfronten zu einer entsprechenden Verminderung der Gebühr führen müsste, weil auch die Hinterliegergrundstücke den vergleichbaren Reinigungsvorteil durch die Straße genießen. Soweit der Kläger insoweit ein satzungsmäßig festzulegendes Korrektiv bzw. „Regulativ" für geboten hält, etwa die Begrenzung der Länge der der Straße zugewandten Seite entsprechend der maximalen Länge einer Seite der unmittelbar an die Straße angrenzenden Grundstücke, würde eine derartige Begrenzung zwar vorliegend dem Kläger zugute kommen und die von ihm als ungerecht empfundene Veranlagung der gesamten zugewandten Grundstücksseite auf einen Teilbereich derselben begrenzen. Ob eine derartige zusätzliche Modifizierung des Frontmetermaßstabes ein geeignetes und praktikables Kriterium zur Optimierung dieses Maßstabes darstellt, kann hier dahinstehen. Rechtlich geboten ist eine solche jedenfalls nicht. Denn der dem kommunalen Satzungsgeber durch Art. 3 GG eröffnete weite Gestaltungsspielraum bei der Auswahl des Gebührenmaßstabes, der erst dann überschritten ist, wenn die Gebührenregelung nicht mehr durch sachliche Gesichtspunkte gerechtfertigt ist,
59

BVerwG, Beschuss vom 15. März 2002 - BVerwG 9 B 16.02, a.a.O.,
60

wird nicht dadurch überschritten, dass in § 6 Abs. 7 GS eine Ergänzung hinsichtlich der höchst zulässigen Veranlagungsmeter der der fiktiven Straßenverlängerung zugewandten Grundstücksseite unterblieben ist. Auch ein Flächenmaßstab wäre nicht frei von Tücken und Ungleichbehandlungen.
61

Aus diesem Grunde kann der Kläger ferner nicht mit Erfolg die erheblich günstigere Veranlagung der unmittelbar an die Straße L. oder der an den am Ende der Straße gelegenen Wendehammer angrenzenden Grundstücke - wie etwa die Grundstücke L. 18 und 20 - als Beleg für eine rechtswidrige Gebührenbemessung anführen. Denn für die Heranziehung dieser Grundstückseigentümer lediglich mit der Schmalseite jener Grundstücke ist das unmittelbare Angrenzen des jeweiligen Grundstücks an die Erschließungsstraße ein hinreichendes sachliches Differenzierungskriterium. Das einschlägige Ortsrecht enthält (zulässigerweise) keine dem § 6 Abs. 3 Satz 4 der Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes NRW aus dem Jahre 2006 vergleichbare Bestimmung des Maßstabes für nur durch einen Wendehammer erschlossene Grundstücke.
62

Schließlich bedarf es keiner weiteren Überprüfung, ob die nur teilweise mit einer Seite an die Straße bzw. den Wendehammer angrenzenden Grundstücke - wie das Grundstück L. 22 (Flurstück ) - zu Unrecht nur mit dem direkt an der Straße gelegenen Teil der Seite des Grundstücks zu Straßenreinigungsgebühren veranlagt worden sind. Denn einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht - sollte ein solches vorliegen - gibt es auch im kommunalen Abgabenrecht nicht. Im Übrigen hat der Beklagte im Hinblick auf das Klagevorbringen insoweit bereits Überprüfungen vorgenommen sowie - wenn auch nicht den Vorstellungen des Klägers entsprechende - Nachveranlagungen, wie im Falle des der Mutter des Klägers gehörenden benachbarten Grundstücks L. 14 (Flurstück ), durchgeführt und den Frontmetermaßstab satzungsgemäß angewandt.
63

Auf Grund der in der Straßenreinigungs- und Gebührensatzung nach alledem zulässigerweise enthaltenen Ausgestaltung des Frontmetermaßstabes beträgt die zu berücksichtigende Hinterliegerfront des Grundstücks des Klägers gemäß § 6 Abs. 3, Abs. 7 und Abs. 10 GS insgesamt 40 Meter.
64

Gegen die Ermittlung des in § 6 Abs. 11 GS satzungsgemäß festgelegten Gebührensatzes in Höhe von 5,32 EUR/m für eine Straße mit überwiegendem Anliegerverkehr bei einmal wöchentlicher Reinigung hat der Kläger Bedenken nicht geltend gemacht. Die Kalkulation dieses Gebührensatzes hat die Kammer bereits in dem rechtskräftigen Urteil vom 20. Februar 2007 - 13 K 3389/06 - nach umfassender Überprüfung als rechtmäßig beurteilt.
65

Gegen die Rechtsgültigkeit der der Heranziehung des Klägers zugrundeliegenden Gebührensatzung im Übrigen hat dieser Einwendungen nicht erhoben.
66

Da entscheidungserhebliche Satzungsmängel insoweit auch nicht offensichtlich sind, besteht für die Kammer unter Berücksichtigung des Rechtsschutzbegehrens des Klägers im Rahmen der sachgerechten Handhabung der gerichtlichen Kontrolle der Abgabenfestsetzung
67

vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 -
68

keine Veranlassung zu einer weitergehenden detaillierten Überprüfung.
69

Nach alledem muss der Klage der Erfolg versagt bleiben.
70

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung.
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