Unterlassungsklage Oberlandesgericht Hamm, 5 U 126/06

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Unterlassungsklage Oberlandesgericht Hamm, 5 U 126/06

Beitrag von Klaus » 24.10.2008, 10:32

Tenor:

Die Widerbeklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, den im Nord-Westen vor dem Haus der Widerkläger verlaufenden Teil der X-Straße in E zum Gehen, zum Fahren und in sonstiger Weise zu benutzen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Insoweit bleibt die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Widerkläger 1/3 und die Widerbeklag-ten 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
1

(§ 540 ZPO)
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A.
3

Die Widerkläger sind Eigentümer des Grundstücks "X-Straße" in E (Flurstück X2), die Widerbeklagten sind Eigentümer des Nachbargrundstücks "X-Straße" (Flurstück X3). Daneben befindet sich noch das Grundstück "G-Straße" (Flurstück X4) des Eigentümers X. Die Widerkläger verlangen von den Widerbeklagten noch das Unterlassen der Nutzung des vor ihrem Haus verlaufenden Abschnitts der X-Straße.
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Hinsichtlich der X-Straße, die vor den Grundstücken der Parteien und dem Grundstück des nichtbeteiligten Eigentümers X verläuft, ist zugunsten des herrschenden Flurstücks der Widerkläger gegenüber dem dienenden Flurstück des Eigentümers X eine Grunddienstbarkeit bezüglich eines Entwässerungskanals im Grundbuch eingetragen. Die Wasserzufuhr zum Grundstück der Widerbeklagten erfolgt über den Privatweg der Widerkläger. In diesem Zusammenhang ist ein Gas- und Wasserrohrleitungsrecht zugunsten der Stadtwerke E bzw. deren Rechtsnachfolgerin auf deren Grundstück bestellt.
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Die Widerkläger haben in erster Instanz behauptet, es handele sich bei der X-Straße um einen Privatweg, der im Eigentum des jeweiligen Eigentümers stehe. Die Müllabfuhr befahre die Straße nicht, nachdem - unstreitig - durch sie die Erlaubnis nach Unstimmigkeiten verweigert worden sei. Auch die Stadt E gehe von einem Privatweg aus, was deren Schreiben vom 27.01.2004 (Bl. 164 d. A.) im Zusammenhang mit dem geplanten Bau des Carports, das Nichtdurchführen einer Straßenreinigung sowie das Nichterheben von Straßenreinigungsgebühren, wie aus dem Bescheid vom 20.01.2005 (Bl. 167 d. A.) ersichtlich, zeige. Soweit im Verhältnis zu den Widerbeklagten ein Leihvertrag angenommen würde, sei dessen Kündigung in der Erhebung der Widerklage zu sehen. Eine "unvordenkliche Verjährung" greife nicht, da diese Straße niemals dem öffentlichen Verkehr eröffnet gewesen sei. Ein Notwegerecht bestehe nicht, da bereits eine Verbindung zu einem öffentlichen Weg vorhanden sei. Die Widerbeklagten könnten über einen öffentlichen Weg, nämlich die rückwärtigen Flurstücke X und X5 ihr Grundstück erreichen. Das Grundstück der Widerbeklagten sei weder erschließungs- noch planungsmäßig zur X-Straße hin ausgerichtet. Auch Lastkraftwagen und Lieferanten könnten den hinter dem Grundstück der Widerbeklagten befindlichen Fuß- und Radweg nutzen. Von dort aus könnten die Widerbeklagten über ein Tor, einen Anbau und anschließend einen Windfang zu ihrem Hauseingang gelangen. Parkplätze seien im Umfeld vorhanden, was sich jeweils aus vorgelegten Skizzen (Bl.189 u. 190 d. A.) ergebe.
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Die Widerbeklagten haben in der ersten Instanz die Ansicht vertreten, der Rechtsgedanke einer unvordenklichen Verjährung greife, da eine Nutzung der X-Straße seit mehr als 80 Jahren vorliege. Seit 1901 sei eine gewerbliche Nutzung der beteiligten Grundstücke und eine Vermietung erfolgt. Jedenfalls bestehe ein Notwegerecht, da der Weg hinter dem Gartenbereich im Eigentum der Kirchengemeinde stehe und dort kein Winterdienst erfolge. Der Fuß- und Radweg sei nicht für LKW-Verkehr oder Lieferanten geeignet. Das vorhandene Tor führe nicht zum Hauseingang und bei dessen Nutzung müsste jeder Mieter durch ihr Wohnzimmer gehen, und es wäre eine neue Zuwegung erforderlich. Dies sei unzumutbar.
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Das Landgericht hat die Widerklage nach Einholung eines Gutachtens und einer Zeugenvernehmung durch das angefochtene Urteil abgewiesen. Wegen der Anträge wird auf den Tatbestand (Bl. 318 - 321 d. A.) und hinsichtlich der rechtlichen Begründung auf die Entscheidungsgründe (Bl. 321 - 325 d. A.) der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
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Hiergegen wenden sich die Widerkläger mit der Berufung, soweit das Rechtsmittel noch anhängig ist. Durch Teil-Urteil vom 22.01.2007 hat der Senat über die Berufung der Widerkläger im Übrigen entschieden. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf dieses Teil-Urteil (Bl. 410 ff. d. A.) verwiesen.
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Die Widerkläger begründen die Berufung wie folgt: Hinsichtlich der X-Straße sei keine Duldungspflicht bezüglich der Nutzung durch die Widerbeklagten begründet. Weder in dem Kaufvertrag ihres Rechtsvorgängers vom 28.02.1968 (Anlagenband zur Berufungsbegründung, dort Seiten 7 - 11) noch in ihrem Kaufvertrag vom 03.05.1994 (Anlagenband wie zuvor, dort Seiten 12 - 22) sei eine Duldung der Nutzung vereinbart. Zudem bestätige das Beteiligen an Kosten der Ausbesserung auf Anforderung der Eigentümerin des vorderen Straßenabschnitts mit 1/3 diese Einschätzung, wozu sie auf weiteren Schriftverkehr (Bl. 379 - 382 d. A.) verweisen. Das Rechtsinstitut einer unvordenklichen Verjährung greife nicht. Auf Grund der ausreichenden Verbindung des Grundstücks der Widerbeklagten zu einem öffentlichen Weg sei kein Notwegerecht begründet. Der Hinweis auf eine Errichtung der Straße im Jahr 1996 sei unzutreffend. Bereits mit Schreiben vom 15.05.2001 (Bl. 395 d. A.) seien die Widerbeklagten zudem auf das Fehlen eines Nutzungsrechts hingewiesen worden. Zumindest sei der Hilfsantrag begründet, da erhebliche Kosten für den Weg in Gestalt von Pflege, Unterhaltung, Winterdienst, Grundsteuern, Haftpflichtversicherung sowie allgemeinen Verkehrssicherungspflichten zu berücksichtigen seien. Die Kosten der Wegerneuerung beliefen sich auf brutto 14.238,61 Euro.
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Die Widerkläger beantragen,
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festzustellen, dass die Widerbeklagten nicht berechtigt sind, den im Nordwesten vor dem Haus der Widerkläger verlaufenden Teil der X-Straße zum Gehen, zum Fahren oder in sonstiger Weise zu nutzen,
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hilfsweise,
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die Widerbeklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, den im Nordwesten vor dem Haus der Widerkläger verlaufenden Teil der X-Straße zum Gehen, zum Fahren oder in sonstiger Weise zu nutzen
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und weiter hilfsweise
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die Widerbeklagten zu verurteilen, an sie dafür, dass sie den im Nordwesten vor ihrem Haus verlaufenden Teil der X-Straße zum Gehen, zum Fahren oder in sonstiger Weise benutzen, eine monatliche Vergütung in Höhe von 200,00 Euro ab 01.01.2004 zu zahlen.
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Die Widerbeklagten beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Widerbeklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Jedenfalls sei ein Notwegerecht begründet, da sie ihr Grundstück nicht von dem Fuß- und Radweg erreichen könnten, zumal es von dort keinen unmittelbaren Zugang zu ihrem Grundstück gebe.
19

B.
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Die noch anhängige Berufung der Widerkläger ist hinsichtlich des auf eine Unterlassung gerichteten Hilfsantrages begründet, während der Hauptantrag bereits unzulässig ist.
21

I. Die Unzulässigkeit des auf eine Feststellung gerichteten Hauptantrages ergibt sich aus dem fehlenden Rechtsschutzinteresse. Ein negativer Feststellungsantrag ist nämlich regelmäßig mangels Feststellungsinteresses unzulässig, wenn eine Leistungsklage erhoben werden kann (vergleiche nur: BGH NJW 1986, 1815 [juris Rn. 21]; Thomas/Putzo, Bürgerliches Gesetzbuch, 26.Auflage, § 256 ZPO, Rn.18). Es besteht für die Widerkläger die Möglichkeit, im Wege eine Unterlassungsklage, als Unterfall der Leistungsklage zur Abwehr künftiger Beeinträchtigungen im Rahmen des § 1004 BGB vorzugehen. Besonderheiten, welche ausnahmsweise ein Feststellungsinteresse dennoch ergeben könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
22

II.
23

Der hilfsweise gestellte Unterlassungsantrag hinsichtlich der Nutzung der X-Straße durch die Widerbeklagten ist hingegen begründet.
24

Da die vor dem Haus der Widerkläger verlaufende X-Straße in ihrem Eigentum steht, können sich die Widerkläger nach § 1004 Abs.1 S.1 BGB gegen die Beeinträchtigung durch die Widerbeklagten in Gestalt deren Nutzung zur Wehr setzen. Eine nach § 1004 Abs.2 BGB begründete Duldungspflicht besteht nicht.
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1.) Grunddienstbarkeiten im Sinne der §§ 1018 ff. BGB, die eine Nutzung des Weges zugunsten der Widerbeklagten ergeben könnten, sind unstreitig nicht bestellt.
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2.) Soweit in der bisherigen Nutzung der Widerbeklagten schuldrechtlich überhaupt ein Leihverhältnis zu sehen sein sollte, wäre dieses regelmäßig jederzeit kündbar, was spätestens in einer Klageerhebung zu sehen ist (hierzu: OLG Hamm NJW-RR 198, 137 [138]; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 1385; OLG Köln OLGR 1992, 33 [34]). Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Kündigung zur Unzeit finden sich nicht, zumal die Widerkläger die Widerklage bereits vor knapp drei Jahren erhoben haben.
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3.) Soweit die Widerbeklagten sich die Aussage des Zeugen H in erster Instanz als Parteivortrag zum gemeinsames Anlegen des Weges durch die Eigentümer in den Jahren 1936/37 zu eigen gemacht haben, ergibt sich auch hieraus nicht die schlüssige Darlegung eines Anspruchs.
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Gesellschaftsrechtliche Grundsätze sind nicht dargelegt, da ein zweckgerichtetes Zusammenwirken nach § 705 BGB auf der Grundlage eines Vertrages nicht feststeht. Die vom Zeugen H genannten Umstände genügen hierfür nicht. Die einzelnen Grundstücke können, jedes für sich auch nur zeitgleich oder zeitnah im vorderen Bereich befestigt worden sein, mit anschließender Nutzung auf Grundlage einer Leihe oder Duldung der Nutzung. Den Interessen der Beteiligten entsprach auch kein gemeinsamer Zweck, da der Eigentümer des vorderen Grundstücks keine Veranlassung hatte, eine Absprache zu treffen. Er benötigte die anderen Grundstücke nicht, um sein an der G-Straße gelegenes Grundstück zu erreichen. Ein Bezug der im angefochtenen Urteil zitierten Entscheidung des OLG Naumburg (abgedruckt in: OLG-NL 2002, 223) zum vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich. Bewiesen ist ein entsprechender Sachverhalt erst Recht nicht. Der Zeuge H ist nach seinen Angaben erst im Jahr 1938 geboren und hat nur vage Angaben zum damaligen Ablauf machen können.
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Aus diesen Erwägungen scheitert auch die Annahme einer Gemeinschaft nach § 741 BGB, da es bereits an der erforderlichen Interessengemeinschaft fehlt. Ein derartiges Interesse ist nämlich wiederum jedenfalls beim Eigentümer des vorderen Grundstücks nicht erkennbar, wobei erst Recht nicht der entsprechende Beweis von den Widerbeklagten geführt ist.
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4.) Ein nach früherem Recht bestelltes Wegerecht greift ebenfalls nicht. Entsprechende Rechte können nach Art.184 EGBGB zwar fortbestehen, wenn sie noch bei Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 01.01.1900 existiert haben, da das Land Nordrhein-Westfalen von der in Art. 187 Abs. 2 Satz 1 BGB eingeräumten Gesetzgebungsbefugnis, den Fortbestand dieser Rechte von deren nachträglicher Grundbucheintragung abhängig zu machen, keinen Gebrauch gemacht hat. Maßgebliches Altrecht ist das am 01.07.1794 im damaligen Königreich Preußen eingeführte Allgemeine Landrecht (ALR), das die Schaffung von Grunddienstbarkeiten im Wege der Ersitzung vorsah (Dehner, Nachbarrecht, 7.Auflage, B § 36, 13). Hierzu bedurfte es eines ununterbrochenen fehlerlosen Besitzstandes von grundsätzlich 30 Jahren, der auf dem Willen des Berechtigten unter Anrechnung einer Besitzzeit des Rechtsvorgängers beruhte (hierzu insgesamt: OLG Hamm NJW-RR 1987, 137 [138]; Dehner, aaO, B § 36, 15 u. 23 f.). Einen derartigen Erwerbstatbestand haben die Widerbeklagten nicht dargelegt, zumal die X-Straße selbst nach den Angaben des Zeugen H erst in den Jahren 1936/37 angelegt worden sein soll. Der im angefochtenen Urteil genannten uneingeschränkten Nutzung durch die Widerbeklagten seit mehr als 60 Jahren, kommt insoweit keine Bedeutung zu, da diese Nutzung einen irrelevanten Zeitraum betrifft.
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5) Die X-Straße ist keine öffentliche Straße.
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Aus dem (öffentlich-rechtlichen) Rechtsinstitut der "unvordenklichen Verjährung" ergibt sich nichts dafür, dass es sich um eine öffentliche Straße handelt. Eine öffentliche Straße im straßenrechtlichen Sinn entsteht grundsätzlich durch förmlichen Widmungsakt. Eine Ausnahme hiervon ist allenfalls denkbar, wenn alte Wege seit unvordenklicher Zeit dem öffentlichen Verkehr gedient haben oder wenn sie vor dem Inkrafttreten des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 1962 gewidmet worden sein sollten, als die Einhaltung der heute vorgeschriebenen Förmlichkeiten noch nicht erforderlich war (OLG Köln OLGR 1992, 33 [34]; OLG Köln NJW 1995, 3319 [juris Rn. 62 - 64]). Dazu müsste mindestens eine 40 jährige Nutzung vor Inkrafttreten des Gesetzes nachgewiesen sein und weitere 40 Jahre keine Erinnerung an einen anderen Zustand bestehen (BGHZ 16, 234 [238]; Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Auflage, Überbl v § 194 BGB, Rn.6). Bereits diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, da die X-Straße frühestens in den Jahren 1936/37 errichtet worden ist. Aus der im angefochtenen Urteil zitierten Entscheidung des OLG Thüringen (abgedruckt in: OLG-NL 2003, 123) ergibt sich nichts anderes, da sich dieses Urteil mit einem Weg aus der Zeit um 1892/93 befasst.
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Es bestehen auch keine Hinweise auf das Vorliegen einer Widmung zu einem öffentlichen Weg. Eine Widmung erfordert nämlich zumindest Handlungen der Ordnungsbehörde, die sich als Ausdruck der Überzeugung einer Herrschaft über den Weg darstellen würden (OLG Hamm NJW 1953, 1519). Insoweit müssten sämtliche Beteiligte (Eigentümer, Straßenbaulastpflichtiger, Ordnungsbehörde) den Weg stillschweigend als zum allgemeinen Verkehr bestimmt ansehen haben (Münchener Kommentar-Säcker, Bürgerliches Gesetzbuch, 4.Auflage, § 917 BGB, Rn.6 mwN). Hierfür bietet der Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte. Der Hinweis auf das Nichtvorliegen einer Sicherung der Erschließung des Grundstücks der Widerbeklagten mittels einer Baulast in dem Vermerk des Bauordnungsamtes (Bl.61 der Bauakte in Kopie) spricht vielmehr dagegen. Jedenfalls ist das Vorliegen einer Widmung durch die Widerbeklagten nicht dargelegt oder gar bewiesen.
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6) Ein Notwegerecht besteht zugunsten der Widerbeklagten ebenfalls nicht.
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Es fehlt bereits nicht die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung ihres Grundstücks zu einem öffentlichen Weg. Die Verbindung fehlt einem Grundstück nämlich, wenn es von einem öffentlichen Weg vollkommen isoliert ist, also dazwischen liegende Grundstücke einen unmittelbaren Zugang von dem öffentlichen Weg ausschließen (Münchener Kommentar-Säcker, Bürgerliches Gesetzbuch, 4.Auflage, § 917 BGB, Rn.7; Palandt-Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Auflage, § 917 BGB, Rn.3). Dies ist nicht der Fall. Der hinter dem Grundstück der Widerbeklagten befindliche Fuß- und Radweg ist öffentlich und gewährt einen Anschluss an die "G-Straße". Dies ergibt sich neben den Auszügen aus dem Liegenschaftskataster hinsichtlich der Flurstücke X und X5 (Bl. 87 u. Bl. 90 d. A.) auch aus dem nachvollziehbaren Gutachten des Sachverständigen V vom 19.07.2005, insbesondere aus den Ausführungen auf dessen Seiten 21-22 und 24. Unerheblich ist, wann dieser Fuß- und Radweg angelegt worden ist, da jedenfalls nun hierdurch die notwendige Verbindung besteht.
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Die Verbindung genügt auch den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Benutzung. Maßgebend für die Beurteilung sind die Bedürfnisse des abgeschnittenen Grundstücks. Diese werden durch die sich an den Eigenschaften des Grundstücks ausrichtende Bewirtschaftung geprägt (OLG Hamm SchAZtg 2002, 79 [juris Rn. 20]). Unter diesem Gesichtspunkt kann eine bestehende Verbindung im Einzelfall unzureichend sein, wenn durch den bestehenden Weg nur ein Teil des Grundstücks ordnungsgemäß benutzt werden kann (BGH NJW 1954, 1321). Eine derartige Grundstückssituation besteht hier jedoch nicht. Die Feststellungen des Sachverständigen auf Seite 21 des Gutachtens, wonach "die Wohnhäuser der Parteien planerisch und erschließungsmäßig nach dieser Privatstraße ausgerichtet sind", sind in diesem Zusammenhang ohne Belang. Die Widerbeklagten müssen sich vielmehr darauf verweisen lassen, dass sie ihr Grundstück über den rückwärtigen Teil und den dort befindlichen Rad- und Fußweg erreichen können. Gesichtspunkte der Bequemlichkeit können ein Notwegerecht nämlich nicht rechtfertigen. Die Entfernung zum Fuß- und Radweg mit der anschließenden Parkfläche beläuft sich von der Grenze ihres Grundstücks zum Grundstück der Widerkläger auf weniger als 50 m. Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten auf Seite 6 in Verbindung mit dem auf Seite 7 beigefügten "Auszug aus dem Liegenschaftsregister". Aus der dort in anderem Zusammenhang eingetragenen Entfernung von 70 Metern lässt sich die genannte Entfernung unschwer errechnen. Soweit die Widerbeklagten bzw. deren Mieter den bisherigen Hauseingang nur über einen Umweg erreichen können, ist dies von ihnen hinzunehmen oder durch Umbaumaßnahmen zu ändern.
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Die Widerbeklagten können erst Recht nicht das Befahren des im Eigentum der Widerkläger stehenden Teils der X-Straße mit Kraftfahrzeugen - auch nicht zum Abstellen auf ihrem eigenen Grundstück - verlangen. Eine Zufahrtsmöglichkeit ist nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur zu gewährleisten, wenn ein notwendiges Befahren vorliegt, während ein einfacheres, müheloseres bzw. bequemeres Erreichen des Wohnhauses kein ausreichendes Interesse darstellt (OLG Hamm SchAZtg 2002, 79 [juris Rn. 23]; OLG Hamm NJW-RR 1987,137 [138]). Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat weiterhin anschließt, dass bei Wohngrundstücken das Befahren mit Fahrzeugen, verbunden mit der Möglichkeit diese auf dem Grundstück abstellen zu können, regelmäßig nicht als für eine ordnungsgemäße Benutzung eines Grundstücks erforderlich anzusehen ist (grundlegend: BGHZ 75, 315 ff.). Es stellt sich nämlich nicht als sachgerecht dar, dass angesichts der Vielzahl der Fälle, in denen Wohngrundstücke nicht mit einem Kraftfahrzeug erreichbar sind, gerade auch in größeren Städten, in Fällen der fehlenden Zufahrt grundsätzlich ein Notwegerecht zu bestellen und nur beim Vorliegen besonderer Umstände zu verneinen sein soll. Dies gilt insbesondere, wenn davon auszugehen ist, dass Kraftfahrzeuge vor dem Grundstück, in seiner nächsten Nähe oder in benachbarten Straßen abgestellt werden können. Nur besondere Umstände des Einzelfalles können die Notwendigkeit einer Zufahrt zum Zweck des Abstellens rechtfertigen (BGHZ 75, 315 ff.; ebenso auch: OLG Hamm SchAZtg 2002, 79 [juris Rn. 26]; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002; 1385, OLG Karlsruhe NJW-RR 1995, 1042 [juris Rn. 42 - 45]). Parkmöglichkeiten sind auf öffentlichen Verkehrsflächen bereits am Ende des Rad- und Fußweges vorhanden. Die öffentlichen Parkplätze auf dem Flurstück X sind im Gutachten des Sachverständigen auf Seite 6 genannt und auf den Fotos 5, 7 und 8 des Gutachtens (auf den Seiten 10 -12) zu sehen. Besonderheiten, die ausnahmsweise eine andere Wertung rechtfertigen könnten, werden von den Widerbeklagten nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
38

7.) Auch aus den Grundsätzen des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses ergibt sich keine Duldungspflicht für die Widerkläger. Hiernach kann sich allenfalls aus zwingenden Gründen ein Recht ergeben, dass ein Eigentümer von seinem Anspruch aus § 1004 Abs.1 BGB keinen Gebrauch machen darf. Dies müsste aber auf Grund eines über die gesetzliche Regelung des § 917 BGB hinausgehenden billigen Ausgleichs der widerstreitenden Interessen zwingend geboten sein (OLG Hamm SchAZtg 2004, 248 [252]; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 1385). Derartige besondere Umstände sind nicht vorgetragen oder ersichtlich.
39

III.
40

Über den hilfsweise gestellten Zahlungsantrag ist nicht zu entscheiden, da dieser erkennbar nur für den Fall einer Duldungspflicht der Widerkläger hinsichtlich der Nutzung gestellt war.
41

IV.
42

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs.1, 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
43

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.



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