90 105/06 aus Forum

Das Tor und der Zaun müssen weg

Obwohl bisher alle Urteile ein Tor auf einem Wegerecht erlaubten und auch die Kosten beiden Parteien auflasteten gehts a

Das Urteil:
90 105/06
Abschrift
Verkündet am 09.02.2007

Amtsgericht G…….
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
der Stadt G…. gesetzt. vertr. d. d. Bürgermeister,
Klägerin und Widerbeklagten,
gegen
1. Herrn …
2. Frau …
Beklagten und Widerkläger,
3. Herrn …
4. Frau …
5. Herrn …
6. Frau …
7. Herrn …
8. Frau …
Beklagten,
Prozessbevollmächtigte
zu 1, 2: Rechtsanwälte …
zu 3, 7, 8: Rechtsanwälte …
zu 4: Rechtsanwalt …
hat das Amtsgericht G…
auf die mündliche Verhandlung vom 09.02.2007 durch den Richter am Amtsgericht A…
für Recht erkannt:
1) Die Beklagten werden verurteilt die auf dem Grundstück der Gemarkung G… , Flur 8,
Flurstück 607 errichtete Zaunanlage zu beseitigen.
2) Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, die Nutzung der Wegeparzelle auf dem
Grundstück der Gemarkung G… Flur 8, Flurstück 607 gemäß Eintragung der
persönlichen Dienstbarkeit eingetragen in Blatt 3452,3453 bis 3456 Abt II durch die Klägerin,
Versorgungsträger und die Öffentlichkeit zu dulden.
3) Die Widerklage wird abgewiesen
4) Die Gerichtskosten tragen zu 1/2 die Beklagten zu 1) bis als Gesamtschuldner, die Beklagten
zu 1) und zu 2) darüber hinaus die weiteren Gerichtskosten im Übrigen als Gesamtschuldner.
5) Die Beklagten tragen ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst. Die Beklagten zu 1) bis tragen die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und Widerbeklagten als
Gesamtschuldner, die übrige Hälfte der Kosten der Widerbeklagten tragen die Beklagten zu 1)
und zu 2) als Gesamtschuldner.
6) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung jeweils durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern
nicht jeweils die Gegenseite zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:
Die Beklagten sind gemeinsam mit den Eheleuten Z… Miteigentümer des Grundstückes
der Gemarkung G… Flur 8, Flurstück 607.
Bei diesem Grundstück handelt es sich um ein Wegegrundstück, welches hinter den
Hausgrundstücken der Beklagten, B…str.32, 34, 36, 38 und 40 verläuft. Zu Lasten dieses
Wegegrundstückes ist für die Klägerin unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung des
Notars Dr. H… vorn 18.06.2001 zu UR-Nr 57/2001 H eine beschränkte persönliche
Dienstbarkeit im Grundbuch von G… eingetragen, mit folgendem Inhalt.

“Die Stadt G… ist berechtigt die Grundstücke zum Gehen und Befahren mit Fahrzeugen zu benutzen sowie Ver- und Entsorgungsleistungen in diesen Flächen zu legen, zu halten und zu unterhalten und alle Arbeiten vorzunehmen, die für die Errichtung, Änderung, Erweiterung, Prüfung und Unterhaltung dieser Anlagen erforderlich sind. Sie ist ferner berechtigt diese Flächen der Öffentlichkeit und Versorgungsträgern zur Verfügung zu stellen. Die Ausübung der Dienstbarkeit kann Dritten überlassen werden“.

Die Beklagten haben auf dem Wegegrundstück eine Zaunanlage errichtet, die mit 2 Türen versehen ist und die eine Höhe von 1,60 Meter und 1 Meter haben. Die Türen sind verschlossen. Die Beklagten sind lediglich bereit der Klägerin einen Schlüssel zur Verfügung zu stellen.
Mit der Klage verlangt die Klägerin die Beseitigung der Zaunanlage sowie Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet sind die Nutzung entsprechend der Dienstbarkeit zu dulden.
Hierzu trägt sie im Wesentlichen vor, dass die Beklagten wie auch die Eheleute Z… außergerichtlich angeschrieben worden seien, die Nutzung zu dulden. Anders als die Eheleute Z… werde dem Begehren der Klägerin - was unstreitig ist nicht nachgekommen. Entscheidend sei, dass zum Zeitpunkt der Auflassungsvormerkungen der Beklagten das dingliche Recht bereits im Grundbuch eingetragen gewesen sei. Unerheblich sei, dass der eingetragene Umfang des Gefahr- und Leitungsrechtes nicht mit den Festsetzungen des fraglichen Bebauungsplans übereingestimmt habe. Einen Zusammenhang zwischen Bebauungsplan und der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten der Klägerin bestehe nicht, da letztere eine privatrechtliche Grundlage habe. Jedenfalls aber sei mit Entscheidung des Rates vom 12.5.2005 damit begonnen worden, den Bebauungsplan der zivilrechtlichen Ausgestaltung der persönlichen Dienstbarkeit anzupassen. Die massive Einzäunung bedeute eine nicht nur geringfügige Erschwerung der Rechtsausübung, weil beispielsweise das Befahren des Weggrundstückes mit Fahrzeugen und die Möglichkeit zur Vornahme von Grabungen zur Leitungsverlegung und Reparaturen stark eingeschränkt bzw. unmöglich sein.
Die Klägerin beantragt daher:
die Beklagten zu verurteilen, die auf dem Grundstück der Gemarkung G… Flur 8, Flurstück 607, errichtete Zaunanlage zu beseitigen.
Festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, die Nutzung der Wegeparzelle auf dem Grundstück der Gemarkung G… , Flur 8, Flurstück 607, durch die Klägerin, Versorgungsträger und die Öffentlichkeit zu dulden.

Die Beklagten beantragen:
Die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung es gebe keine Berechtigung der Klägerin, das von den Beklagten und den übrigen erworbenen Grundstück der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Beklagten zu 1) und 2) tragen weiter vor, der Notar habe während der Verhandlung über den Kauf des Grundstückes von einer Dienstbarkeit gesprochen, wobei die Beklagten davon ausgehen durften, dass eine solche tatsächlich bestellt sei, was zu diesem Zeitpunkt unstreitig nicht der Fall war. Er habe davon gesprochen, dass es sich um ein Gefahr- und Leitungsrecht zu Gunsten der Anlieger sowie der Versorgungsträger handele. Die Beklagten hätten nicht davon ausgehen müssen, dass weitere Rechte zu Gunsten der Allgemeinheit eingetragen werden würden. Für die Öffnung des Grundstückes gebe es keine Rechtsgrundlage. Es sei auch fraglich, ob eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit der Klägerin erlauben würde, der Allgemeinheit einen Weg über das Grundstück der Beklagten zu ebnen. Die Absicht der Klägerin im Nachhinein eine Umwidmung vorzunehmen sei eindeutig rechtsmissbräuchlich. Die übrigen Beklagten haben sich im Ergebnis der Auffassung angeschlossen, dass es keine Rechtsgrundlage für die Öffnung des Grundstückes gebe. Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin sei jedenfalls erloschen, weil der Passus wonach die Klägerin berechtigt sei, die Flächen der Öffentlichkeit und Versorgungsträger zur Verfügung zu stellen unzulässig sei. Die Befahrbarkeit der Wegeparzelle sei entgegen der Darstellung der Klage nicht wesentlich eingeschränkt. Die Ausübung des Rechtes habe das Interesse der Eigentümer des belasteten Grundstückes tunlichst zu schonen. Daher habe die Klägerin die Tore und den Zaun in konkreter Ausführung hinzunehmen.
Im Hinblick darauf, dass nach Auffassung der Beklagten zu 1) und 2) eine Rechtsgrundlage für die persönliche Dienstbarkeit der Klägerin nicht gegeben ist beantragen die Beklagten zu 1) und 2) im Wege der Widerklage:
Die Klägerin zu verurteilen, der Löschung der zu ihren Gunsten und zu Lasten des im
Miteigentum der Beklagten zu 1) zu 2) stehenden Grundstücks, Grundbuch von G… Blatt 3453, Flur 8, Flurstück 607 eingetragenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ( Geh-, Fahr- und Leitungsrecht ) zuzustimmen,
hilfsweise:
Die Klägerin zu verurteilen, der Löschung der in Antrag 1) erwähnten Dienstbarkeit zuzustimmen, soweit sie berechtigt ist, im Rahmen der erwähnten Dienstbarkeit die Flächen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Die Klägerin beantragt:
Die Widerklage abzuweisen.

Sie macht geltend. dass das Grundbuch nicht unrichtig sei. Der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit liege eine wirksame rechtsgeschäftliche Einigung zwischen der Klägerin und der Firma …, als ehemaliger Grundstückeigentümer zu Grunde. Die Einigung sei formlos möglich und erfolgt. Die Einigung über die Bestellung der Dienstbarkeit sei in den Verträgen zum B…viertel (Rahmenplan) und den entsprechenden Festsetzungen in den Plänen enthalten, zumindest jedoch aus diesen ableitbar. Die Beklagten zu 1) seien im Rahmen des Kaufvertragsabschlusses auch über den Umfang und Inhalt der Dienstbarkeit informiert worden, wie sich aus § 10 des Notarvertrages ergebe. Eine Widmung des Weges sei ebenfalls nicht erforderlich, weil sich die streitgegenständliche Wegeparzelle im Privateigentum der Beklagten befinde und daher nicht öffentlich rechtlich gewidmet werden könne. Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet, die Widerklage der Beklagten zu 1) und 2) ist nicht begründet.

Die Klägerin hat sowohl Anspruch darauf, dass die Beklagten die auf dem Grundstück der Gemarkung G…, Flur 8., Flurstück 607 errichtete Zaunanlage beseitigen, als auch Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet sind, die Nutzung der Wegeparzelle durch die Klägerin, die Versorgungsträger und die Öffentlichkeit zu dulden, entsprechend der eingetragenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit.
Lediglich zur Klarstellung ist in der Tenorierung die Grunddienstbarkeit eingefügt.
Durch die Errichtung der Zaunanlage ist das Recht der Klägerin verletzt. Die Flächen der Öffentlichkeit als Verbindungsweg zum ungehinderten Begehen zu überlassen. Die Klägerin hat daher Anspruch auf Beseitigung gemäß § 1090, 1027,1004 BGB. Die Dienstbarkeit ist wirksam bestellt und geht den jeweiligen Auflassungsvormerkungen der Beklagten, deren Eintragung unstreitig später erfolgt ist, im Range vor.
Dies gilt auch hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2), deren Kaufvertrag am 13.6.2001 und damit zeitlich vor der Eintragungsbewilligung der Dienstbarkeit der Klägerin, gemäß Notarvertrag vom 18.6.01 geschlossen wurde. Entscheidend ist insoweit alleine die Reihenfolge der Eintragungen in das Grundbuch.
Die Frage, ob die Klägerin in den Bebauungsplänen einen anderen- geringeren- Umfang des Geh -‚ Fahr- und Wegerechts festgeschrieben hat, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits zwischen den Parteien ohne Bedeutung, denn der Bebauungsplan betrifft alleine öffentlich rechtliche Belange, während die Dienstbarkeit aufgrund privatrechtlicher Grundlage eingetragen wird.
Die Klägerin hat sich damit- wirksam- privatrechtlich die Nutzung des Weges gesichert. Ein solches Recht kann zulässiger Weise auch zugunsten der Klägerin als öffentlich — rechtlicher Körperschaft bestellt werden und ebenso Dritten — hier der Öffentlichkeit- zur Nutzung überlassen werden.

Die rechtlichen Bedenken der Beklagten in soweit teilt das Gericht nicht.
Die Klägerin ist auch nicht verpflichtet die errichtete Zaunanlage zu dulden und sich mit der Überlassung von Schlüsseln für die Tore zu begnügen. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass damit die Durchgangsmöglichkeit für die Öffentlichkeit im Ergebnis vereitelt wäre, Den Beklagten musste auch aus der Grundbucheintragung bzw. aus den geschlossenen Kaufverträgen bekannt sein, in welchem Umfange durch die Dienstbarkeit ihre Gründstücke belastet waren.
Die gilt auch hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2), auch wenn der Abschluss ihres Kaufvertrages zeitlich von der Unterzeichnung der Urkunde der Eintragungsbewilligung der Dienstbarkeit gelegen hat.
In § 10 ihres notariellen Kaufvertrags war ausdrücklich auf die Dienstbarkeit hingewiesen. Nach der Stellungnahme des Notars Dr. H… vom 11.1.2007 lag damals die Dienstbarkeitsbewilligung in der später unterzeichneten Form bereits vor, sie war lediglich-— entgegen der Formulierung im Kaufvertrag- noch nicht eingetragen.
Die Beklagten zu 1) und 2) hätten demzufolge gegebenenfalls vor Unterzeichnung ihres Kaufvertrages solange abwarten müssen, bis sie nach erfolgter Eintragung der Dienstbarkeit insoweit endgültige Klarheit gehabt hätten.
Ob in der diesem Zusammenhang- wie die Beklagten zu 1) und 2) meinen — möglichen Weise Ansprüche gegen Dritte abgeleitet werden können, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von Bedeutung.
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Klägerin zu Recht die Feststellung gegehrt, dass die Beklagten verpflichtet sind, die Nutzung der in Rede stehenden Wegeparzelle in dem Umfange der Bewilligung zu dulden.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben gegenüber der Klägerin und Widerbeklagten keinen Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Dienstbarkeit soweit ihr Grundstücksanteil betroffen ist, auch nicht soweit die Klägerin berechtigt ist, die Fläche der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
Die Eintragung im Grundbuch ist nicht unrichtig.
Der eingetragenen persönlichen Dienstbarkeit liegt eine Einigung zwischen der Klägerin und der Voreigentümerin zu Grunde. Eine solche ist formlos möglich, auch konklunt.
Die Klägerin hat umfangreich dargelegt, dass zu dem gemäß Rahmenplan und städtebaulichen Plänen erfolgten Festsetzungen in zeichnerischer und technischer Hinsicht die hier angesprochenen und streitgegenständlichen Mist- und Fußwege zählen. bzw. deren Verbindungen. Geh-, Fahr- und Leitungsrechte sind darin enthalten. Der konkrete Umfang, dass heißt die Einbeziehung auch der Öffentlichkeit ist dann augenscheinlich im Rahmen der privatrechtlichen Eintragungsbewilligung festgelegt worden.
Die Änderung ist eingetragen worden. Dass dies ohne oder gegen den Willen der Klägerin und! oder der früheren Eigentümerin erfolgt sein soll erscheint nicht rechtverständlich.
Es ist auch nicht erklärbar mit der Behauptung der Widerkläger, im Notariat sei „schlampig“ gearbeitet worden, weil man durch Zusammenziehen von insgesamt drei Gebieten sich die Sache vereinfacht habe.
Die behauptete Eigenmächtigkeit des Notars vermag das Gericht jedenfalls im Ergebnis nicht festzustellen.
Die Nebenentscheidungen folgen den § 91, 708 Nr.11, 711 ZPO.
Streitwert: 5000,- € ( 2.500 - € für die Klage, 2.500 € für die Widerklage)

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